</p> Was war ein Mensch ?
3 y0 y: t* ~. C4 e Sofie sah wieder das M?dchen im Spiegel an.4 v8 ]$ x5 `. L7 O" i
?Ich glaube, ich mache jetzt lieber meine Bio-Aufgaben?, sagte sie, fast, wie um sich zu entschuldigen. Im n?chsten Moment stand sie drau?en im Flur.
3 [1 @' Q: O& i7 K, y Nein, ich gehe lieber in den Garten, dachte sie dort.
$ K( d: C [9 u, d& J& Y ?Miez, Miez, Miez, Miez!?
" ~- D9 Y ^- [2 ]5 { Sofie scheuchte die Katze hinaus auf die Treppe und schlo?4 b7 K! S* q# _( L$ L- W/ a0 O
hinter sich die Tür.
3 _7 x2 h2 W3 ^/ k+ L) n2 `% ~ Als sie mit dem geheimnisvollen Brief in der Hand drau?en auf dem Kiesweg stand, überkam sie pl?tzlich ein seltsames Gefühl. Sie kam sich fast wie eine Puppe vor, die durch Zauberkraft lebendig geworden war.6 g) J$ d( n& T
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" M5 ^; z9 \8 F% q* o( }, d& v War es nicht seltsam, da? sie auf der Welt war und in einem wunderlichen M?rchen herumlaufen konnte?
/ z; Y9 h. M% f# q9 s+ G Sherekan sprang elegant über den Kiesweg und verschwand in den engstehenden Johannisbeerstr?uchern. Eine lebendige Katze, quicklebendig von den wei?en Schnurrhaaren bis zu dem peitschenden Schwanz ganz hinten am K?rper. Auch sie war im Garten, aber sie war sich dessen wohl kaum auf dieselbe Weise bewu?t wie Sofie.+ L8 L3 L8 H: @) y
Als Sofie eine Weile darüber nachgedacht hatte, da? sie existierte, mu?te sie auch daran denken, da? sie nicht immer hiersein würde.0 _ ?& d2 V7 D) I
Ich bin jetzt auf der Welt, dachte sie. Aber eines Tages werde ich verschwunden sein.
7 H( ~9 t% L. q# t* J3 U* X Gab es ein Leben nach dem Tod? Auch von dieser Frage hatte die Katze keine Ahnung.# L) N) Y/ ~9 h ]* n' E
Vor gar nicht langer Zeit war Sofies Gro?mutter gestorben. Fast jeden Tag seit über einem halben Jahr dachte Sofie daran, wie sehr sie sie vermi?te. War es nicht ungerecht, da? das Leben einmal ein Ende hatte?
8 U+ _& a, L7 F7 I& f& s Sofie blieb grübelnd auf dem Kiesweg stehen. Sie versuchte, besonders intensiv daran zu denken, da? sie existierte, um dabei zu vergessen, da? sie nicht immer hiersein würde. Aber das war ganz unm?glich. Sowie sie sich darauf konzentrierte, da?, T+ O( g, I- }8 l
sie existierte, tauchte sofort auch ein Gedanke an das Ende des Lebens auf. Umgekehrt war es genauso: Erst wenn sie ganz stark empfand, da? sie eines Tages ganz verschwunden sein würde, ging ihr richtig auf, wie unendlich wertvoll das Leben war. Es war wie die beiden Seiten einer Münze, einer Münze, die sie immer wieder umdrehte. Und je gr??er und deutlicher die eine Seite der Münze war, um so gr??er und deutlicher wurde auch die andere. Leben und Tod waren zwei Seiten derselben Sache.2 j6 ^5 S& E+ V m- x6 m( r
Man kann nicht erleben, da? man existiert, ohne auch zu erleben, da? man sterben mu?, dachte sie. Und es ist genauso unm?glich, darüber nachzudenken, da? man sterben mu?,
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$ _& m7 h5 V; g2 z9 j% q6 J; n+ p ohne zugleich daran zu denken, wie phantastisch das Leben ist.
# U5 m" \) @6 }% `2 X Sofie fiel ein, da? ihre Gro?mutter an dem Tag, an dem sie von ihrer Krankheit erfahren hatte, etwas ?hnliches gesagt hatte. ?Erst jetzt begreife ich, wie reich das Leben ist?, hatte sie gesagt.
& @* N2 S! j9 d/ }4 n2 c3 ]" o# l. W War es nicht traurig, da? die meisten Leute erst krank werden mu?ten, ehe sie einsahen, wie sch?n das Leben war? Zumindest mu?ten sie offenbar einen geheimnisvollen Brief im Briefkasten finden.4 i1 u8 y) ^/ {" C5 K
Vielleicht sollte sie nachsehen, ob noch mehr gekommen war? Sofie lief zum Tor und hob den grünen Deckel. Sie fuhr zusammen, als sie einen ganz identischen Briefumschlag entdeckte. Sie hatte doch nachgesehen, ob der Briefkasten wirklich leer war, als sie den ersten Brief herausgenommen hatte?
! E* t5 }2 }8 O9 H. h Auch auf diesem Umschlag stand ihr Name. Sie ri? ihn auf und zog einen wei?en Zettel heraus, der genauso aussah wie der erste.
# M! u4 C0 Q$ h) C X8 u' x7 d Woher kommt die Welt? stand darauf.
7 Z- z0 P! X+ x0 [# A" m Keine Ahnung, dachte Sofie. So was wei? ja wohl niemand!( Q8 t j1 ~6 z
Und trotzdem -Sofie fand diese Frage berechtigt. Zum ersten Mal in ihrem Leben dachte sie, da? es fast unm?glich war, auf einer Welt zu leben, ohne wenigstens zu fragen, woher sie stammte.( F+ [: P. e0 W) O( V
Von den geheimnisvollen Briefen war Sofie so schwindlig geworden, da? sie beschlo?, sich in die H?hle zu setzen. Die H?hle war Sofies Geheimversteck. Hierhin kam sie nur, wenn sie sehr wütend, sehr traurig oder sehr froh war. Heute war sie verwirrt.
4 a+ z) M5 l! \1 \: r( e8 p Das rote Haus stand mitten in einem gro?en Garten. Es gab hier viele Blumenbeete, Johannis-und Stachelbeerstr?ucher, verschiedene Obstb?ume, einen gro?en Rasen mit einer Hollywoodschaukel und sogar einen kleinen Pavillon, den Gro?vater für Gro?mutter gebaut hatte, als ihr erstes Kind nur wenige
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: T: C/ H' E* @# i) W- @ Wochen nach der Geburt gestorben war. Das arme kleine M?dchen hatte Marie gehei?en. Auf dem Grabstein stand: ?Klein Mariechen zu uns kam, grü?te nur und ging von dann'?。; ?% g6 w# j! s! v
In einer Ecke des Gartens, noch hinter den Himbeerstr?uchern, stand ein dichtes Gestrüpp, das weder Blüten noch Beeren trug. Eigentlich war es eine alte Hecke, die die Grenze zum Wald bildete, aber da sich in den letzten zwanzig Jahren nie mand mehr darum gekümmert hatte, war sie zu einem undurchdringlichen Gestrüpp herangewachsen. Gro?mutter hatte erz?hlt, da? die Hecke im Krieg, als die Hühner frei im Garten herumliefen, den Füchsen die Hühnerjagd etwas schwerer gemacht hatte.
9 r7 m; }- p; ?1 b7 q* w1 c) s) O Für alle anderen war die alte Hecke genauso unnütz wie die alten Kaninchenst?lle weiter vorn im Garten. Aber das lag nur daran, da? sie nichts von Sofies Geheimnis wu?ten. Solange Sofie sich erinnern konnte, hatte sie in der Hecke einen schmalen Durchgang gekannt. Wenn sie hindurchkroch, erreichte sie bald einen gro?en Hohlraum, das war ihre H?hle. Hier konnte sie ganz sicher sein, da? niemand sie finden würde.
1 K2 M, X+ i, D# w Mit den beiden Briefumschl?gen in der Hand lief Sofie durch den Garten und robbte dann auf allen vieren durch die Hecke. Die H?hle war so gro?, da? sie darin fast aufrecht stehen konnte, aber nun setzte sie sich auf einige dicke Wurzeln. Von hier aus konnte sie durch zwei winzig kleine L?cher zwischen Zweigen und Bl?ttern hinaussehen. Obwohl keines dieser L?cher gr??er war als ein Fünfkronenstück, hatte sie den ganzen Garten im Blick. Als sie klein war, hatte sie gern zugesehen, wie ihre Mutter oder ihr Vater zwischen den B?umen umherliefen und sie suchten.
& Q* O z# }5 U- S' J [( F3 J+ y( _ Sofie war der Garten immer schon wie eine eigene Welt vorgekommen. Jedesmal, wenn sie vom Garten Eden aus der Sch?pfungsgeschichte geh?rt hatte, hatte sie an die H?hle denken müssen und daran, wie es war, darin zu sitzen und ihr eigenes kleines Paradies zu betrachten.
! E) c) G& v# _) t2 G& x ?Woher kommt die Welt??
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Nein, das wu?te sie wirklich nicht. Sofie wu?te natürlich, da? die Welt nur ein kleiner Planet im riesigen Weltraum war. Aber woher kam der Weltraum?2 X7 o+ M- a4 [& N
Es war natürlich denkbar, da? der Weltraum immer schon dagewesen war; dann brauchte sie auch keine Antwort auf die Frage zu finden, woher er gekommen war. Aber konnte etwas denn ewig sein? Irgend etwas in ihr protestierte dagegen. Alles, was existiert, mu? doch einen Anfang haben. Also mu?te irgendwann der Weltraum aus etwas anderem entstanden sein.
( s3 R! L. W; c$ w# J Aber wenn der Weltraum pl?tzlich aus etwas anderem entstanden war, dann mu?te dieses andere ebenfalls irgendwann aus etwas anderem entstanden sein. Sofie begriff, da? sie das Problem nur vor sich hergeschoben hatte. Schlie?lich und endlich mu?te irgendwann irgend etwas aus null und nichts entstanden sein. Aber war das m?glich? War diese Vorstellung nicht ebenso unm?glich wie die, da? es die Welt immer schon gegeben hatte?
, A) z1 n# P' g9 @4 a& F. O Im Religionsunterricht lernten sie, da? Gott die Welt erschaffen hatte, und Sofie versuchte jetzt, sich damit zufriedenzugeben, da? das trotz allem die beste L?sung für dieses Problem war. Aber dann fing sie wieder an zu denken. Sie konnte gern hinnehmen, da? Gott den Weltraum erschaffen hatte, aber was war mit Gott selber? Hatte er sich selbst aus null und nichts erschaffen?
3 Y8 A+ D, P3 {& d; d Wieder protestierte etwas in ihr. Obwohl Gott sicher alles m?gliche erschaffen konnte, konnte er sich ja wohl kaum selber schaffen, ehe er ein ?Selbst? hatte, mit dem er erschaffen konnte. Und dann gab es nur noch eine M?glichkeit: Gott gab es schon immer. Aber diese M?glichkeit hatte sie doch schon verworfen. Alles, was existierte, mu?te einen Anfang haben.1 D1 V0 J9 t4 }3 K0 x( W+ @3 a
?Verflixt!?
6 B& V, w9 U! _% c2 k' i3 D% o Wieder ?ffnete sie beide Briefumschl?ge.% X' Y1 X \: D1 N
?Wer bist Du??
" h* @, U; N4 x+ o. [! K ?Woher kommt die Welt??7 x9 h$ t; A% |- c' u% C
Was für gemeine Fragen! Und woher kamen die beiden Briefe? Das war fast genauso geheimnisvoll.# H$ W" r0 m5 p9 \( j4 n3 X: w
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Wer hatte Sofie aus dem Alltag gerissen und sie pl?tzlich mit den gro?en R?tseln des Universums konfrontiert?3 N' _! u6 {$ [0 F
Zum dritten Mal ging Sofie zum Briefkasten.
- G; {* F5 ?2 j# G/ r Erst jetzt hatte der Postbote die normale Post gebracht. Sofie fischte einen dicken Packen Werbung, Zeitungen und zwei Briefe an ihre Mutter heraus. Es gab auch eine Postkarte -mit dem Bild eines südlichen Strandes. Sie drehte die Karte um. Sie hatte norwegische Briefmarken und den Stempel ?UN-Regiment?。 Konnte die von ihrem Vater sein? Aber war der nicht ganz woanders? Und seine Handschrift war es auch nicht.: ?# T. V) G |/ ]
Sofie spürte ihren Puls etwas schneller schlagen, als sie die Adresse auf der Karte las. ?Hilde M?11er Knag, c/o Sofie Amundsen, Kl?verveien 3……? Die übrige Adresse stimmte. Auf der Karte stand:
6 M% k% z7 J# L" p7 K, K9 H. H4 x Liebe Hilde! Ich gratuliere Dir herzlich zum 15. Geburtstag. Du verstehst sicher, da? ich Dir ein Geschenk machen m?chte, an dem Du wachsen kannst. Verzeih, da? ich die Karte an Sofie schicke. So war es am leichtesten.2 w8 j; L3 B$ H. N# r* [
Liebe Grü?e, Papa
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Sofie lief zum Haus zurück und stürzte in die Küche. Sie spürte, da? ein Sturm in ihr tobte. Was war das nun wieder? Wer war diese Hilde, die einen guten Monat vor Sofies eigenem 15. Geburtstag fünfzehn wurde? |