</p>Zu viele hatten sich heute voll laufen lassen. Nur einen Ort gab es, wo sich die Männer nicht betrunken hatten. Sie hatten keine Flaschenkürbisse mit Schnaps vor sich, sondern nur ein rot aufloderndes Feuer. Es waren ihrer sieben, sechs jüngere und einer von etwa 45 Jahren. In der Mitte ihres großen Hauses brannte ein Haufen Wurzelholz. Die sieben saßen um das knisternde Feuer, während der ältere Mann mit einem eisernen Feuerhaken die am Rand liegenden und noch nicht ganz verbrannten Holzstücke in die Flammen stieß.
0 Z3 m7 Z) \4 r9 t# V+ KIm Raum brannten keine Laternen. Der lodernde Feuerschein erhellte die sieben einfachen, unverdorbenen Gesichter und warf ihre bewegten Schatten in alle Richtungen.4 x7 S" g j3 X* P
Plötzlich packte der Ältere, der im Feuer gestochert hatte, den eisernen Haken, stieß ihn kräftig in den Boden und sprach:
& E8 P! T3 ^+ @( ~# m“Es ist vorbei, dieses Frühlingsfest wird das letzte sein. Nur trinken, sich besaufen, wie viele mögen so denken! Lieber saufen sie sich zu Tode als an morgen zu denken. Sie wollen nicht sehen, wie die Uniformierten ins Dorf marschieren. Ihnen ist klar, dass die Männer der Sippe verderben und die Frauen verkommen werden! Sie verstehen das noch viel besser als wir. Wenn dann das neue System an die Stelle der alten Sitten getreten ist, werden ihr Status und ihr Besitz ins Wanken geraten ... Aber diese Kerle trinken und trinken ...”6 _1 M2 b6 y Z( ^
Alle im Raum schwiegen. Der Alte hatte zu Ende gesprochen, und nur noch das leise Knistern der sprühenden Funken war zu hören.
$ n, h( f# Q0 f5 b \$ b H2 FIn der Stille war deutlich zu vernehmen, wie die Nachbarn knobelten und sangen. Viele lagen nach den ersten Schalen schnarchend auf den Tischen. Gestützt von ihren Söhnen machten sich andere schwankend auf den Heimweg. Viele waren so betrunken, dass sie laut heulten und sangen. Die von alters her von den Göttern erlaubte Zügellosigkeit, dieser einmalige Rausch hatte diese durch und durch anständigen Leute, Menschen, die einer ordentlichen Beschäftigung nachgingen und sich in ihr Schicksal fügten, an diesem Tag völlig verwandelt
& ~- k5 m) n# P. v( z7 J" W( g+ PNur bei den Männern in jenem Haus verhielt es sich anders. Der Alte lag nicht betrunken am Boden, die Jungen waren nicht zum Haus ihrer Angebeteten geeilt, um ihr ein Ständchen zu singen oder ein Lied auf der Flöte zu spielen. Sie boten einen seltsamen Anblick, wie sie so schwermütig am Feuer saßen.
' ?6 P( C" U$ Q& K/ g& j4 OAls das letzte Frühlingsfest gekommen war, mussten sich alle von dem einzig verbliebenen guten alten Brauch verabschieden, indem sie feierten und sich betranken. Doch die Sieben waren mit ihren Gedanken nur bei dem Feuer, bis die fliegenden Funken verklommen waren.
2 O" `: A& `6 T, TWährend sie alle schweigen, können wir die Gelegenheit nutzen um die Behausung zu beschreiben. Es war ein Gebäude aus Lehmziegeln, hoch wie ein Richtersaal und weit wie ein Amtsgebäude. Die hohe Decke verjüngte sich nach oben zu einem Kamin, zu dem der Raum von der Feuerstelle aufstieg. Drei Wände bestanden aus großen Lehmziegeln, die vierte war mit Fellen bedeckt, hinter denen sich ein Vorraum befand. Neben vier Betten aus Holz standen in dem großen Raum noch eine Anzahl grober Holzmöbel und ein Schrank, und an den Wänden waren Tierhäute und Jagdutensilien zu sehen. Ein frisch abgezogenes Tigerfell hing in der Mitte, mit dem Kopf nach oben, während der Schwanz bis zum Boden reichte. An einem aus der Decke ragenden Haken hingen bewegungslos Fasane und unzählige Hasen. Offensichtlich handelte es sich bei den Bewohnern um Jäger.5 N6 E/ C' p* V; B
9 e3 T# N6 N. D: @0 i2 K* Q' BHerr des Hauses war der alte Jäger, der neben dem Feuer saß. Den Tiger, dessen Fell an der Wand hing, hatte er im letzten Monat mit dem Gewehr erlegt. Die übrigen Sechs waren seine Schüler. Sie stammten aus den führenden Familien der verschiedenen Sippen. Der kenntnisreiche Alte hatte seine besten Jahre damit verbracht, unermüdlich als Lehrmeister zu dienen und seinen Schülern alles über Fallenstellen, Kriegskünste, Medizin und Heilkräuter beizubringen. Jeden Tag führte er sie in die Berge, und wenn sie zuhause waren, versammelte er sie um sich und nutzte die Zeit der Muße für die Unterweisung in anderen nützlichen Kenntnissen. In allen Dingen ging er als Vorbild voran. Er nahm die Mühe auf sich, den jungen Leute zu helfen, ihren Charakter auf das Vortrefflichste auszubilden, und mahnte sie, unaufhörlich nach Höherem zu streben. Wein zu trinken und Lieder zu singen war nicht untersagt, doch lehrte er sie, sich beim Wein als auch beim Umgang mit Frauen zu zügeln. Und wie stand es mit seinen sechs Lehrlingen? Sie waren mutig und ehrlich. Ihre natürlichen Gaben waren durch des Meisters Tugendhaftigkeit verfeinert und durch seine Klugheit gestählt worden, so dass sie alle Eigenschaften eines vortrefflichen Mannes besaßen. Sie sahen den Alten als ihren Vater an und die Gefährten als ihre Brüder. Sie hielten alle Gebote ein und verbrachten ihre Tage glücklich und in Eintracht, ohne je Neid oder Mißtrauen gegen andere zu hegen. Zur Jagd stiegen sie hinauf in die Berge und um ehrlichen Handel zu treiben begaben sie sich ins Tal. Die Tiere, die sie in den Bergen erlegt hatten, tauschten sie gegen alles ein, was sie benötigten: Gewehrkugeln, Pulver, Pfeilspitzen, Bogensehnen und Wein. Wenn sie Glück hatten, konnten sie noch weitere Dinge erwerben, die von weit her kamen, z. B. Ringe oder Wollmützen und dergleichen mehr. Unbeschwert arbeiteten und aßen sie und führten ein sorgloses Leben. Mit ihren Kugeln jagten sie das Wild, mit ihren Liedern lockten sie die Mädchen in die Berge. |